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Seyler

Archiv Günther Wein

Bericht
über die vorgeschichtlichen Forschungen des historischen Vereins
im Jahre 1888/89

von
Conservator Hauptmann a. D. Seyler.

die im Eingange des vorjährigen Berichtes aufgezeichneten Gesichtspunkte waren auch für die diesjährigen Arbeiten auf dem Gebiete der Vorgeschichte maßgebend und dürften dies wohl noch für geraume Zeit bleiben, um so mehr da sich nur auf diese Weise die großen Lücken, welche in unserem Territorium bis vor Kurzem unzweifelhaft vorhanden waren, allmählich in der gleichen Weise ausfüllen lassen, wie ich es in der dem Archive beigegebenen Studie über die Hügel- und Reihengräberfelder im Hummelgau versucht  habe. In dem Bewußtsein dazu beigetragen zu haben, daß sich das über der Vorzeit unseres Kreises liegende, tiefe Dunkel aufzuhellen beginnt, daß sich einzelne, wenn auch vorerst nur lichte Streifen darin bilden, erkennt der Territorialforscher seine Aufgabe als eine dankbare,
     Wer sich damit begnügt, die in den Hügelgräbern von sorgenden Stammesangehörigen ehrfurchtsvoll beigesetzten Reste jener, die zum Ruhme des Stammes lebten, zu durchwühlen und zu zerstreuen oder verkaufen -  handelt pietätlos; sein Treiben ist Vandalismus. Selbst mit der sorgfältigsten Aufbewahrung der Funde ist es nicht gethan; sondern allein die Verwertung des Gewonnenen - gleichgültig ob von großen oder geringem materiellen Werthe - im Interesse der Wissenschaft verleiht solchem Beginnen eine Berechtigung. Daraus geht hervor, daß jene Kategorie von Raritätensammlern, welche sich mit dem Ausgraben von Hügelgräbern befassen, nicht nur Vandalismus, sondern auch Beraubung der Wissenschaft sich zu Schulden kommen lassen. Das Mindeste, was man von diesen verlangen muß, ist, daß sie  ihre Sammlung zugänglich machen oder zeichnungen ihrer Funde dem forscher zur Verfügung stellen.
     Eines Raubes an der Wissenschaft - wenn auch nur als Unterlassung - machen sich aber alle jene schuldig, welche bekannt sind mit dem hohen Wethe, den der geringste vorhistorische Gegenstand für die Wissenschaft haben kann, und die Verschleuderung eines solchen nicht verhindern. Würde an die Stelle von Gleichgültigkeit allmählich eine von Vaterlandsliebe getragen Begeisterung für die Vorgeschichte unseres Kreises und Landes treten, dann wäre nicht zu zweifeln, daß in kurzer Zeit unsere Sammlung sich anderen derartigen Bestrebungen ebenbürtig an die Seite stellen könnte, besonders da nunmehr der Grund zu einer wissenschaftlichen Ordnung derselben gelegt ist.
     Duie diesjährigen Arbeiten haben die Sammlung wieder durch einzelne schöne Stücke bereichert und interessante wissenschaftliche Resultate geliefert.
     Zunächst wurde ein schon längst bekanntes Objekt in Gezug auf seine Bedeutung erforscht, nämlich ein Feld südlich von Tressendorf, auf welchem ehemals das Kloster St. Jobst stand. Die Arbeiten wurden am höchstgelegenen Punkte des Nordrandes des fraglichen, dem Ökonomen Lutz von Tressendorf gehörigen Feldes begonnen, 28 m von dem Punkte entfernt, wo dieser Rand das angrenzende Feld des Ökonomen Ad. Sommerer berührt. Dort liegen die Mauern schon fast zu Tage und wenige Spatenstiche setzten die Arbeiter in den Sand, ihre Spuren zu verfolgen; sie fiefen südlich und zwar zwei Mauern in einem Abstande von 1,20 m neben einander. Dieselben scheinen dem Material nach zu urteilen, zwei verschiedenen Gebäuden anzugehören und zwar das westliche einem Neben-, das östliche einem Wohngebäude; von letzteren kann dies mit Bestimmtheit angegeben werden, da auch ein Innenraum desselben und zwar dessen Nord- und Westwand zum Theil losgelegt wurde. Die Mauer des Nebengebäudes bog nach einer Länge von 2,80 m nach Westen ab und wurde in dieser Richtung nur eine kurze Strecke verfolgt. In einer Tiefe von 88 cm zeigte sich  der natürliche Boden mit einer Art gepflastertem Stege, der nach dem ersten Anschein für die oberste Stufe einer Treppe gehalten werden konnte. Allenthalben fanden sich Gefäßscherben vom Waldsteintypus und ferner von der eigenthümlichen Form jener, welche Friedrich Panzer in seinem  im Jahr 1832 erschienenen Werke über “Mehrere in der Nähe von Würzburg ausgegrabene Altertümer” in Fig. 6 auf Tafel II. wiedergibt und auf Seite 32 beschreibt. Diese zeichnen sich durch  5mm breite concentrische Kannelirungen auf der Innenseite des Bodens aus. Diese Thongefäßstücke bestätigen demnach auch für St. Jobst wiederum die schon mehrfach angetroffene Erscheinung, daß älteste christliche Kapellen an der Stelle von slavisch-heidnischen Kultstätten erbaut wurden.
     Eine der wichtigsten Aufgaben für das verflossene Jahr war die Besichtigung des Fundes aus den Grabhügeln der “schnellen Reuth” bei Affalterthal, von welchem am Schlusse des vorjährigen Berichtes Mitteilung gemacht wurde. Mit Zustimmung des Herrn General Frhr. v. Egglofstein und des Herrn Oberst Frhr.v.Egglofstein nahm ich von dem Funde eine Skizze auf. Dieser bestand aus zwei Halsringen von Bronzeblech mit Verzierungen, welche jenen auf den massiven Halsringen aus der Nachbestattung des Grabhügel III im Kasendorfer Pfarrholz ähnlich sind, mehreren Armringen von rechteckigem Querschnitt, Armringen aus Bronzedraht mit flachen Enden, Ohrringen aus Bronzeblech, wie sie in dem erwähnten Kasendorfer Grabhügel ebenfalls gefunden wurden, einer kurzen geraden Nadel mit hohlem Knopf, einer kahnförmigen Fibel mit sehr breiten Bügel und langer Radelscheide, einer schmalen kahnförmigen geknickten Fibel, einer bandförmigen Schlangenfibel mit einer Art Scheibe vor dem Nadelhalter, einer Kegelfibel, wie sie im Hügel VII des obenerwähnten Gräberfeldes entdeckt wurde, einem der bekannten ohrlöffelartigen Instrumente und endlich einer Anzahl kleiner Bronzeringe. Der im erwähnten Jahresbericht als Bronzeklinge aufgeführte Gegenstand erwies sich als ein Stück eines Bronzegürtels. Dieser auffallend reiche Fund war der Inhalt eines einzigen Grabhügels. Die Schmuckstücke waren vier Skeletten beigegeben, von denen eines und zwar das am reichsten ausgestattete tiefer, die drei anderen un circa 30 cm höher lagen. Eine Sorte der Fibeln - leider konnte ich nicht erfahren welche - wurde stets am Hinterkopfe gefunden.
     Die in der “schnellen Reuth” vorgenommenen Nachgrabungen ergaben ähnliche Resultate, wie mehrere in der unteren Periode bei Kasendorf, nämlich starke Brandschicht und zahlreiche Anhäufungen, von Urnentrümmern, von denen Stücke mit Verzierungen, die sich als das Linienornament im vergrößerten Maßstab darstellten, besonders interessant sind.
     Die Forschungen wurden in dem an die “schnelle Reuth” angrenzenden Stiftungswald von Affalterthal, kaum 500 m von dem eben beschriebenen Gräberfeld entfernt, fortgesetzt und daselbst in einem Hügel, der 13 Schritt im Durchmesser hatte, bei circa 80 cm Tiefe ein Ohrring - leider in mehreren Stücken - und bei 1,20 m Tiefe eine starke Brandschicht mit Thongefäßscherben aufgefunden. Eine theilweise reconstruirte Schale ist innen durch horizontal laufende Kanten in drei Abtheilungen gegliedert. Jede derselben ist in gleicher Weise verziert und zwar ist es wieder das Linienornament, das in unregelmäßigem Zickzack, nämlich der eine Streifen im steilen, der folgende im flachen Winkel zur Horizontalkante, zur Verwendung kommt; das so gebildete Dreieck ist noch durch zwei Streifen, die parallel zu letzterer laufen, ausgefüllt. Schließlich wurde noch ein  rothes zassenförmiges Gefäß entdeckt, das mit dunkeln - jetzt grünlichen - Strichen bemalt war, sowohl auf der Ausbuchtung als auf dem stark ausladendem Rande. Diese Striche waren in beiden Fällen zu drei in einander liegenden Winkeln mit parallelen Schenkeln zusammengestellt, welche Verzierungsweise vollkommen mit jener von Gosen übereinstimmt.
     Selbstredend mußte vor diesem Resultate die Aussicht, die sich nach den Schlußwerten des vorigen Berichtes eröffnete, schwinden; eine Entschädigung hierfür, wenn auch keine volle,, bietet die außerordentliche Bereicherung, welche die Kasendorfer Territorialperiode hiedurch erfährt; denn darüber kann ein Zweifel nicht obwalten, daß die Funde aus der “schnellen Reuth” sowie aus dem “Stiftungswald” bei Affalterthal dieser Periode zugehören.
     Trotzdem die Höhlenwohnungen der fränkischen Schweiz gründlich ausgebeutet sind, wurde ein sicheres wissenschaftliches resultat aus diesen vorhistorischen Funden bis jetzt noch nicht gewonnen. Der gewiegte Kenner dieser Fundstätten, Herr Limmer in Muggendorf, gab gelegentlich einer  persönlichen Unterredung die Überzeugung von der Einheitlichkeit aller Fundstücke kund; er äußerte sich dahin, daß kennzeichnende Merkmale für die einzelnen vorgefundenen Schichten nicht angegeben werden können. Wenn nun derselbe sorgfältig geschlemmte und hart gebrannte Thongefäßscherben mit Wellenornament, Horizontalreifelungen und dem stark ausladenden Rande zahlreich in und vor diesen Höhlenwohnungen gefunden hat, wenn außerdem nicht selten Eisensachen neben den Knochenwerkzeugen entdeckt werden, so fragt ihre Umgebung allmählich an, so daß auf der Ostseite der Zugang zur Hochfläche nur eine sanfte Böschung hat; hier nun ist ein Wall aufgeworfen, der die Veranlassung zur Durchforschung gab. Als günstigste Stelle wurde eine schüsselartige Vertiefung, 154 Schritte vom Wall entfernt, ausgewählt und in der Mitte derselben nachgegraben, welche Arbeit schon in einer Tiefe von 30 cm Gefäßscherben lieferte, die mit denen aus den Reihengräbern von Dörflas vollkommen übereinstimmen.. Zum Nachweise, daß diese Wallanlage auf slavischen Ursprung zurückzuführen ist, war diese kurze Thätigkeit vollständig ausreichend und ein weiterer Zweck sollte hier vorerst nicht erreicht werden. Der Wall ist 94 Schritte lang und zieht sich von der erwähnten Zugangsstelle aus zu beiden Seiten am Berg hin, bis er in din Steilabfällen gegen Nisten zu sich verläuft.
     Da ein Vorbeigehen auf die nach Reihengräber von Dörflas geworfener Blick mir zeigt, daß die nach Süden anstoßenden Felder abgeerntet waren, so beschloß ich festzustellen, ob die Gräber sich in dieser Richtung fortsetzen. Es wurden an zwei , 11 Schritte auseinander liegenden Stellen je zwei 1m entfernte Gräben von 2 m Länge und 57 cm Breite ausgehoben, bis der natürliche aus geschichtetem Kalkstein bestehende Boden zu Tage trat, ohne daß sich andere Spuren von Bestattungen, als Gefäßscherben zeigten; ein sicherer Beweis dafür, daß hier die Reihengräber sich nur gegen Westen fortsetzten, nachdem, wie schon im Archiv vom Jahre 1886 Seite 339 berichtet, auch gegen Osten hin die Anzeichen hiefür durchaus fehlen!.
     An dem gleichen Tage wurde ein an der Straße zwischen Dörflas und Gentenreuth im Staatswald liegender Grabhügel durchforscht, welcher nach Mittheilung des Herrn Ökonomen Kolb von Lopp vor mehreren Jahren in Gegenwart des Herrn Professor Dr. J. Ranke von München resultatlos, weil nur versuchsweise, einer Ausgrabung unterworfen wurde. Genannter Gewährsmann hatte die Ansicht, daß eine gründliche Nachgrabung sich empfehlen würde. Gewaltige Steinblöcke, die fast von den beiden mir zur Verfügung stehenden Arbeitern nicht von der Stelle bewegt werden konnten, waren in der Mitte des aus dem umgebenden Sandboden aufgeworfenen Hügels angehäuft, wodurch sich die sonst leichte Arbeit sehr in die Länge zog. Fast schien dieselbe resultatlos, da sich nur wenige Kohlen und Knochen, sowie gar keine Gefäßscherben vorfanden, als die Arbeiter an einer Stelle, die 96 cm von der Mitte des Hügels entfernt und 90 cm tief war, einen massiven, 7 cm weiten Armrind von Bronze fanden, der entsprechend der Handgelenkform gegen die an Stärke allmählich bis zu 6 mm zunehmenden Enden sich streckte. Wenn nicht die Form in Dr. Lindenschmit`s “Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit” B.1 H. 12 T. 6. Fig 6 und dem Werke von Max de Ring “Les Tombes celtiques de PAlsace” sich finden, sowie die Nachbestattungen im Pfarrholze von Kasendorf ähnliche, begleitende Erscheinungen zeigen würden, so möchte ich den Armring für ein Fundstück von etwas zweifelhaftem Werthe halten.
     Am nächsten Tage folgte die Durchforschung eines Grabhügels am nordwestichen Ende des Gräberfeldes im Pfarrholze zu Kasendorf. Dieser Hügel Nr. 7 wurde des eigenthümlichen Umstandes wegen ausgewählt, daß derselbe mit einem zweiten vereinigt war. Da an dem gleichen Nachmittage Regenwetter eintrat, so wurde die Arbeit verschoben und erst am 9. September wieder aufgenommen. Der Hügel war, außen gemessen, 80 cm hoch und hatte, über die Verbindungsstelle mit dem zweiten Hügel hin, 40 Schritte im Umfange. Die Brandschichte lag 1,10 m tief. Die nahezu im Quadrat ausgegrabene Vertiefung hat 4,50 m Seitenlinie. Merkwürdigerweise war von der Mitte des Hügels aus nur in der Richtung gegen Süden eine deutliche Brandschichte mit der bekannten Masse von Urnentrümmern vorhanden, gegen Westen und Osten verschwand dieselbe mehr und mehr, gegen Norden fanden sich nur wenige verworfene Kohlenstückchen
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