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Pfarrer Eign

Sammlung: Günther Wein

Quelle Historischer Verein Oberfranken

Das Kloster St. Jobst

bei Bayreuth

von Pfarrer Eign. 1906

   In dem kleinen Gebiet des Fürstentums Bayreuth bestanden vor der Reformation nicht weniger als 14 Klöster, die der fromme Sinn des Mittelalters gestiftet, die aber mit Einführung der Reformation im Bayreuther Lande wieder eingingen, beziehungsweise säkularisiert wurden. Es waren 9 Mönchs- und 5 Frauenklöster, welche den verschiedensten Orden angehörten.

  Als ältestes erscheint das Cisterzienserkloster Frauenthal im Bayreuther Unterland (Taubergrund), das nach dem Würzburger Historiographen Lorenz Fries 6 Jahre älter gewesen sein soll als das Stift Bamberg, dessen Gründung also bis auf das Jahr 1000 zurückgeht. Nach der Zeit ihrer Entstehung reihen sich an die weiteren Klöster im Unterland Mönchstein, Riedfeld, Mönchaurach, Frauenaurach, Birkenfeld und Langenzenn.

   Von grösserer historischer Bedeutung sind einige Klöster des Bayreuther Oberlandes. Hier besonders das Cisterzienserkloster Himmelkron, das, gestiftet von Grafen Otto IV. von Orlamünde, durch seinen Reichtum, seinen schönen Kreuzgang, die nachmalige Markgrafengruft und vor allem die Sage von der "Weißen Frau" eine Berühmtheit erlangte. Hof hatte zwei Minoritenkloster; das St. Clara-Kloster, gestiftet 1348 für adelige Frauen und das Franziskanerkloster, gestiftet 1392. Die Aufhebung des letzteren im Jahre 1546 gab Veranlassung zur Gründung des dortigen Gymnasiums, für welches Markgraf Albrecht Alcibiades das frei gewordene Klostergebäude zur Verfügung stellte. In Kulmbach befand sich seit 1350 ein Augustinerkloster, das durch den Aufenthalt Luthers daselbst weiter bekannt geworden ist. Auf seiner Durchreise nach Augsburg 1518 Übernachtete er in diesem Kloster. Fickenscher erzählt uns, Luther habe das schöne Gebäude bewundert und erklärt, es sei das schönste seines Ordens, welches er gesehen habe; seine Ordensbrüder aber habe er durch seine kraftvollen reden so für sich und seine Lehre eingenommen, dass sie selbst nicht lange nachher ihre Ordenskleider ablegten und nicht warteten, bis sie säkularisiert wurden.. (1) Kulmbach hatte außerdem noch seinen Mönchshof, eine Filiale des Augustinerstifts Klosterlangheim.

   Noch lag innerhalb des Fürstentums Bayreuth das Karmeliterkloster Neustadt a. Kulm, über dessen Entstehung folgende Legende geht.

Im Jahre 1414 kamen etliche Karmelitermönche aus dem gelobten Lande nach Neustadt a. Kulm und gaben vor, sie hätten in ganz Deutschland keinen Berg gefunden, der tam situ quam altituine dem Berg Karmel ähnlicher wäre als der rauhe Kulm. Ihrem Ansuchen entsprechend liess Burggraf Johann III. ein Kloster zum Berge Karmel genannt, dahin erbauen. Das Klostergebäude stand noch bis in den Dreissigjährigen Krieg, wo es 1633 durch die Kroaten zerstört wurde.(2)

  merkwürdig ist, dass Bayreuth selbst nie ein Kloster besass. Zwar vermeint Pistorius in seiner Fränkischen Chronik, dass  ehehin in der Altenstadt bei Bayreuth ein Kloster gestanden sei. Es ist dies eine grundlose Behauptung. Wohl stand schon früher eine Kirche, zu Ehren des Bischofs St. Nicolaus erbaut, und in der Nähe der Altenstadt seit 1476 die Wolfgangskapelle, sowie seit 1514 eine Kapelle zum Heiligen Grab. Die Wolfgangs-Kapelle war Wallfahrtskirche und erhielt 1500 von 24 Kardinälen in Rom einen Ablaßbrief. Vielleicht gründet sich darauf jene haltlose Vermutung.

   Einer andern Tradition gedenkt der Chronist König in seiner Beschreibung der Strassen und Häuser Bayreuths (3), indem er beim "Küchenbau" des Neuen Schlosses die Bemerkung einfliessen lässt; "Unbegreiflich, wie nachher der Wahn entstehen können, dass hier ehemal ein Kloster befindlich gewesen sei, und dass noch in den neuen Zeiten ein Zwerg darin gespukt hat.

  Einer mündlichen Überlieferung zufolge, die bis heute in der Bayreuther Bürgerschaft am lebhaftesten sich erhalten, soll im Neuenweg ehedem ein Kloster gestanden haben. Man zeigt heute noch unter dem Gasthaus zum "Goldenen Hirschen" einen unterirdischen Gang, in den weichen Fels gehauen, welchen man mit dem angeblichen Kloster in Verbindung bringt.

   (1) Fikenscher, A., Versuch einer Geschichte vom ehemaligen Augustiner-Kloster zu Culmbach. Bayreuth 1798-1900. S. 51

   (2) Oetter, S. W., Sammlung verschiedener Nachrichten. Erlangen 1749. I., S. 5.

   (3) Manuskript im Besitz des Historischen Vereins zu Bayreuth.

Allein auch hier liegt eine Verwechslung vor. tatsächlich stand an dieser Stelle eine Kapelle St. Linhard, die gleichfalls im Jahre 1500 von Rom einen Ablaßbrief erhalten haben soll, und ein damit verbundenes Pfründehaus. 1535 ging die Kapelle ein; ihre Steine wurden zum Bau der Kasernbrücke verwendet (1)

  Noch zwei weitere Überlieferungen begegnet man im Volke; die eine verlegt ein Kloster in`s Heilige Kreuz (Ecke der Kulmbacher Strasse), die andere ein solches in die Kanzleistraße an die Stelle, wo heute die Forstabteilung der Königlichen Regierung und das 2. Pfarrhaus sich befinden.

   Alle diese Volkssagen erweisen sich als  geschichtlich unhaltbar. Während so das Volk ans  grundlosen Überlieferungen festhält, erscheint es auffallend, dass die Erinnerung an das Kloster, das ehedem in der Nähe der Stadt wirklich bestand, sich nahezu verloren hat.

Es ist dies das Franziskanerkloster St. Jobst auf der Allersdorfer Höhe, das im Jahre 1514 errichtet wurde, allerdings aber schon nach 15 jährigem Bestand, eben mit Einführung der Reformation im Bayreuther Land einging.

St. Jobst

   Stifter des Klosters war Markgraf Friedrich IV. (2), auch Friedrich senior genannt als Begründer der Älteren Linie der fränkischen Markgrafen von Brandenburg, jener unglücklicher Fürst, der ein Jahr darauf (Fastnacht 1515) wegen angeblicher Geisteszerrüttung von seinen Sühnen Casimir und Georg für abgesetzt erklärt und auf der Plassenburg in 12jährigem strengem Gewahrsam gehalten wurde. Die Nachwelt hat  um seines jammervollen Schicksals willen sorgfältig an`s Licht gezogen, was unter  seiner Regierung und von  ihm selber Löbliches geschah. Die meiste Zeit seiner Regierung verbrachte er in Kämpfen im Dienste des Reichs; doch schuf er daneben manche nützliche Einrichtung in seinem Lande. Er war ein edler, romantisch angelegter Charakter, wie sie gerade das scheidende Mittelalter so häufig hervorbrachte. Gegen Kirche und Geistliche war er stets freigebig. So stiftete er zahllose Messen zu Kulmbach, Bayreuth, Hof, Neustadt a. Culm, Heilsbronn u. a. O. Schon als Prinz hatte er mit Apel von Seckendorff eine Pilgerfahrt zum heiligen Grab unternommen. Zur Gründung eines Klosters stimmte ihn vornehmlich der Einfluss seiner frommen Gemahlin, der polnischen Königstochter Sophie;

   (1) Layriz, Fr. W. A. Diplomatisches Verzeichnis der Kirchen und öffentlichen Bethäuser, dann der ehem.    Kapellen in der Stadt Baireuth. 1801.

  (2) über seine Lebens- und Regierungsjahr (1486-1515) f. Fr. Herrmann, Markgrafenbüchlein, Bayreuth 1902. S. 38-45

ein Äusserer Anlass lang für ihn zugleich in den traurigen Verhältnissen seiner Zeit, indem damals wiederholt die Pest im Bayreuther Oberlande aufgetreten war.(!) Auf diesen düsteren Hintergrund deuten wohl die Worte in seinem Stiftungsbriefe, dass er "aus inniger Betrachtung der zergencklikeit dits lebens sich vorgenommen hat, eine besondere Stiftung in seinem Oberlande des Gebirgs aufzurichten. (2)

   Aber warum gerade auf dem Oschenberg, während der Markgraf selbst auf der Plassenburg residierte?

   Auf der Allersdorfer Höhe, links vom Wege nach Nemmersdorf, stand in schöner, das Tal weithin beherrschender Lage schon seit alter Zeit eine Kapelle, dem Heil. Jobst geweiht (3). Dieser Jobst soll der Sohn eines britannischen Königs, ein frommer Mönch und Apostel der Deutschen gewesen sein. Man rief ihn an um Behütung der Felder vor Wetterschlag und Mißwuchs.

  Das Bergkirchlein war, wie mit Grund anzunehmen ist, errichtet an Stelle einer altheidnischen Kultusstätte. Auf das dereinstige Bestehen einer solchen deutet sowohl der Name Oschenberg wie Allersdorf. Wodan, der nordische Odin, hieß auch  Ös d. i. Gott im Besonderen Sinne, ein Name, der nach Grimm in Hochdeutschland früher allgemein gewesen ist. Die Personennamen Oswald, Oskar und die Bergnamen Ossa, Oschenberg, Ochsenkopf sind aus dieser Wurzel abzuleiten. Allersdorf aber deutet speziell auf das Vorhandensein eines altdeutschen Heiligtums. Nach Grimm bedeutet alh heiliger Tempel. Allersdorf und Alladorf bei Wonsees sind demnach Namen, die auf ein ursprüngliches  Heiligtum in diesen Gegenden schließen lassen, wenn darunter auch nicht an einen eigentlichen Tempel, sondern nur an eine gemauerte Umfriedung zu denken ist. Wie an andern Orten haben die christlichen Missionare auch hier eine heidnische Kultusstätte in eine christliche Kirche umgewandelt. (4)

   (1) Scherber, gemeinnütziges Lesebuch für Bayrische Landesgeschichte, Hof 1796, II. S. 83.

   (2) Stiftungsbrief, mitgeteilt in Spieß, Aufklärung in der Geschichte und Diplomatik. Bayreuth 1791. S. 199 ff.

   (3) pelz in seiner Nemmersdorfer Pfarrbeschreibung bezeichnet irrtümlicher Weise Hiob als den Patron, wohl in Folge einer Verwechslung des Namen Jobst mit Job.

  (4) Scherer, über die religiöse und ethnographische Bedeutsamkeit des Centralstocks des Fichtelgebirges Â  Archiv für Oberfranken 1873. S. 69 ff

   Diese Kapelle St. Jobst war zu den Zeiten Markgraf Friedrichs IV. ein vielbesuchter Wallfahrtsort gewesen. Es läßt sich dies daraus schließen, daß 1506 den Gotshausmeister daselbst befohlen wurde, auf die Errichtung eines oder mehrere Wirtshäuser Bedacht zu nehmen. (1) Auch aus andern umständen, besonders aber aus päpstlichen Consessionsbulle (2) und dem Stiftungsbriefe selbst geht klar hervor, daß eine lebhafte Wallfahrt dahin gewesen sein muß  So heißt es der päpstlichen Bulle : daß hierhin die Christgläubigen illarum partium in numero copioso devotionis causa confluunt.

  Aus derselben Bulle ergibt sich, daß die Kapelle St. Jobst 1430 von den Hussiten zerstört worden war, hernach aber von einem frommen alten Manne, der nahe bei dieser Kapelle wohnte und dessen Haus im Hussiten-, wie im nachmaligen Bayrischen Kriege 1462 unversehrt geblieben war, wieder aufgebaut worden ist.

  Die Kapelle stand in große Ansehen beim Volk, das von allerlei wunderbaren Heilungen zu erzählen würde, die die daselbst geschehen seien. So wird auch im Stiftungsbrief ausdrücklich hervorgehoben, daß "sich itzunder dieser zeit aus verhencknus gotlicher genaden, durch verdinstnus des lieben heyligen Sant Jobsts manche grosse Wunderbarliche Zaychen an viel kranken und armen Menschen erzeigt haben und noch teglichs gescheen". Es ist heute nicht mehr festzustellen, welches Gnadenbesitzes sich das Kirchlein erfreute, ob eines wundertätigen Bildes, einer heilkräftigen Quelle, (4) ähnlich der von St. Rupert bei Obernsees. Jedenfalls findet sich heutzutage von einer Quelle keine Spur mehr daselbst.

   Nachdem sich der Markgraf nun einmal entschlossen hatte, ein neues Kloster in seinem Oberlande zu errichten, bot sich ihm dieser Platz von selbst als geeignete Stätte dar, zu erbauen, wie es im Consessionsbriefe heißt, unam domum pro usu et habitantion perpetuis fratum ordinis minorum cum clautro, refectorio, dormitorio, ortis et octalitiis et aliis officinis neccssariis. (5)

   (1) Spieß a.a. O. S. 191.

  (2) Jb. 192.

   (3) Bavaria, Oberfranken, S. 588.

   ( 4) Pälz in seiner Nemmersdorfer Pfarrbeschreibung.

   (5) "Ein Haus zu beständiger Nutzniessung und Wohnung für Minoritenbrüder mit Kloster, Friedhof   Refektorium, Schlafsaal, Garten und Gärtchen und andere notwendige Wirtschaftsräume".

   Auf sein an Papst Julius II. gerichtete Bitte erhielt er gegen Bezahlung von 24 Dukaten die Genehmigung hierzu durch ein päpstliches Breve vom 11. Dezember 1506. (1) Diesem Consessionsbriefe zufolge sollte das neue Kloster mit München aus dem Franziskanerkloster zu Hof besetzt werden. Der Bischof zu Regensburg wurde zum Exekutor bestimmt.

   Noch Ende desselben Monats erwirkte die Markgräfin Sophie der Kapelle St. Jobst, die von ihr begünstigt wurde, vom Papst einen Indulgenz - Brief, durch welchen Christgläubigen, die die Feste der Kapelle besuchen würden, ein hunderttägiger Ablass zugesagt wurde.

Die Feste der Kapelle aber waren: 3. Oster- und Pfingsttag; Mariä Himmelfahrt, Geburt, Opferung und Heimsuchung, sowie der Gedächtnistag des hl. Jobst. An diesen Tagen strömte die Schar der Gläubigen den Berg hinauf, um sich den Ablass zu verdienen.

   daß nicht lange nach der erhaltenen päpstlichen Erlaubnis der Anfang zur Erbauung des Klosters und Besetzung desselben mit einigen Franziskanermönchen muß gemacht worden sein, bezeugt eine von Sophie von Egglofstein, geb. von Schamberg, 1510 zum "neu angefangenen closterlein und gotshaus" gemachte Stiftung, nämlich 100 fl. rheinisch, einen geweihten silbern vergoldeten Kelch und Paten, (2) sowie ein schwarz damasten Messgewand: gegen 2 Seelenmessen, die jährlich für die beiden Geschlechter Egloffstein und Schamberg zu St. Jobst gehalten werden sollten. (3)

   Im folgenden Jahre, 1511, wurde vom Administrator des Bistums Regensburg, Pfalzgraf Johann, die päpstliche Bulle förmlich publiziert und diese Publikation 2 Jahre darnach, am 15. Juli 1513 vom Geistlichen Vikariat zu Bamberg, in dessen Diöcese das Kloster lag, genehmigt. So waren set der päpstlichen Concessionserteilung glücklich 6 1/2 Hahre verflossen, bis das neu errichtete Kloster endlich eingeweiht werden konnte. Dies geschah an Jakobi 1513 durch den Bamberger Weihbischof Kaspar, der am Sonntag darauf auch in Bayreuth verschiedene Consekrierungen vornahm: 2 neue Glocken der Maria magdalena-Kirche, 7 neue Altäre hier und in der Altenstadt und eine Gruft auf dem südlichen Kirchhof. (4)

   (1) Spieß,a.a.O. S. 192.

   (2) Patene, das Brottellerchen beim Abendmahl.

   (3) Stiftungsbrief von Suntag Michaelis 1510, bei Spieß a.a.O. S. 198 f.

   (4) Hofmann, die Stadtkirche in Bayreuth. Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken 1901.    S. 76.

   Nachdem der Markgraf dem Kloster einen vermarkten Bezirk, den er von etlichen Untertanen durch Auswechslung erlangte, Übergeben hatte, ließ er endlich im Jahre1514 den Stiftungsbrief (datiert Plassenburg, Montag nach Quastimodogeniti, 24. April) förmlich ausfertigen, kraft dessen dieser Bezirk dem Kloster mit Grund und Boden und allem was darauf gebaut ist oder in Zukunft erbaut werden möchte, eigen sein sollte. Er Überwies zugleich den Franziskanermönchen, derer wenigstens 10 an der Zahl (inkl. eines Guardians) (1) sein sollten, einen weiten Bezirk zur Terminei, welchen das Augustiner-Kloster zu Kulmbach gegen eine vom Markgrafen erhaltene Entschädigung ( 3Centner Karpfen aus den Herrschaftlichen Weihern) vermöge Revers vom Tag Walburgis 1515 abtrat. (2) Diese teminei erstreckte sich über die Ämter Kulmbach, Bayreuth, Wunsiedel, Creußen, Pegnitz, Goldkronach, Berneck, Gefrees, Wirsberg, Stein, Kasendorf und Wonsees.

   Weiter erhielt das Kloster zum Unterhalt jährlich 3 Centner Karpfen aus dem fünf Jahre vorher (1509) angelegten Brandenburger Weiher, dann freies Bau- und Brennholz samt einem Fischwasser in der Steinach. Den Amtleuten, Vögten und Bürgermeistern wurde befohlen, die Väter des Klosters sowie alle Wallfahrern getreulich zu schirmen und zu schätzen und vor aller Gewalt und Frevel zu bewahren. Dagegen sollten die Klosterbrüder verpflichtet sein, jährlich viermal für ihre Guttäter und Stifter zu bitten und namentlich des markgräflichen Hauses mit Bigilien und Seelämtern zu gedenken.

   Aus der weiteren Geschichte des Klosters, dessen Bestand ia nur von kurzer Dauer war, erfahren wir nicht viel Bemerkenswertes.

   Der Markgraf selbst soll sich mit dem Gedanken getragen haben, in das von ihm gestiftete Kloster einzutreten. So berichtet wenigstens der Bayreuther Chronist König in seiner Markgrafen-Chronik Bd. III. (3)

   (1) Unter den Mönchen soll auch ein Träger des Namens Staupitz gewesen sein.

   (2) Spieß a.a. O. S. 209.

   (3) die Geschichte des Fürstentums Bayreuth und seiner Regenten von 1248-1792 in 7 Manuskript-Foliobänden, von denen der 6. Band (über Mrkgraf Friedrich 1735 bis 1763) leider abhanden gekommen ist, in der Bibliothek des Historischen Vereins dahier. Das sehr wertvolle, wenn auch nicht in allen Einzelheiten zuverlässige Werk ist geschrieben kurz vor dem jahre 1800, von der Hand eines gewissen König, dessen Feder wir außerdem eine Bayreuther Stadt-Chronik in 5 Folio-Bänden und eine ausführliche Beschreibung der Straßen und Häusern Bayreuths verdanken. Seinen Namen offenbart er in letzten Werk Haus-Nr. 65 der Maximiliansstraße (jetzt Nr. 27) mit den Worten:  Hierauf (bekam das Haus) der Kammermusikus König, von welchem es sein Sohn, der darin geborene schreiber dieses, ererbte. Die Frage ist nun, ob wir König blos als Schreiber oder zugleich als Verfasser des Werks anzunehmen haben. Rühtnick in seiner Politik des Bayreuther Hofes während des siebenjährigen Krieges, Bayreuth 1905, S. 5 vermutet, daß der mit Hofverhältnissen vertraute, eine streng kirchliche Richtung vertretende Verfasser ein ehemaliger Hofprediger gewesen sein müsse. Ein solcher war in der Tat aus der Markgrafenzeit damals noch vorhanden, und zwar in der person des Johannes Kapp, der 1777 bis 1799 als Schloßprediger und Konsistorrialrat dahier wirkte. Allein abgesehen davon, daß sich außer jener Bemerkung weiter gar keine Anhaltspunkte für  seine Autorschaft auffinden lassen, welche auch die ganze Schreib- und darstellungsweise der Chronik von Kapps wesentlich ab. Andere vermuten in dem Verfasser den vielkundigen Bayreuther Historiographen Fr. W. A. Layritz, der sich in jener Zeit am eifrigsten mit der Landesgeschichte befaßte, viel darüber geschrieben und noch mehr gesammelt hat (geb. zu Bayreuth 6. März 1771, von 1796-1804 Notarius  und Kriminalrat  bei der Regierung dahier). Doch bereitet  auch ihm die andersartige Schreibweise

   Es ist dies ja wohl glaublich, wenn wir an seine Gemütsverfassung denken, in der er sich namentlich im Jahre 1512 befand. Kaum hatte er in diesem Jahr selbst eine tätliche Krankheit wider alles Erwarten überstanden, so verlor er auch innerhalb eines Monats durch den Tod seine heißgeliebte Gattin Sophie und seine Mutter Anna. Durch diese Schicksalsschläge erschüttert, verfiel er in Schwermut, weshalb er schon jetzt die regierungsgeschäfte seinem Sohne Kasimir großenteils überließ.

  Im Jahre 1517 vermachte Anna von Streitberg, geb. von Trautenberg, in ihrem Testament 5 fl. zu diesem Kloster; dafür mußten 2 Mönche bei ihrem Absterben, das noch in demselben Jahre erfolgte, zugegensein, bei ihrem Leichenbegräbnisse aber alle 10 in Prozession mitgehen. Das Begräbnis fand in der Stadtkirche zu Bayreuth statt, wohin sie einige Messen gestiftet hatte. (1)

   Nach einer unverbürgten Notitz (2) soll sich der Klosterschatz durch die Wallfahrer, die nicht mit leeren Händen kamen, allmählich gemehrt haben. Ein Blick in`s Inventar des Klosters von 1528  (3) läßt jedoch diesen Schatz sehr bescheiden erscheinen. Außer einer größeren Anzahl von Meßgewändern werden da als Kleinodien bezw. vasa sacra angeführt:

  (1) Ötter a.a. O. S. 16.

   (2) Pültz, Nemmersdorfer Pfarrbeschreibung, Manuskript.

   ( 3) Manuskript im Kgl. Kreisarchiv Bamberg, das einzige wichtige Schriftstück, welches das kreis-Archiv außer den bereits von Spieß veröffentlichten Urkunden über St. Jobst  bewaht.

Archiv 1906, XXIV. Bd. Heft 2.

   6 silbern vergoldete kelche, desgleichen die Corporale; (1) 2 silberne Pacisicale, (2) davon eines übergoldet; 1 silbernen plat, darauf St. Jobst; 2 silberne Kreuze. Von einem namhaften Klosterschatz kann nicht die rede sein.

   Wohl aber läßt sich von einem andern wertvollen Besitz des Klosters berichten, der den Vätern von St. jobst zur Ehre gereicht, nämlich ihrer wertvollen Bibliothek. Nach den Mitteilungen des Regierungsrsts Ph. E. Spieß, Archivar auf der plassenburg, umfaßte dieselbe 265 Inkunabeln (3) und 57 Handschriften. Auf welche Weise sie wohl in den besitz derselben gelangt sein werden ? der Markgraf, der die Stadtkirche mit einigen Postillen bedachte, wird nicht viel zugestiftet haben: für seine Wissenschaft hatte er keinen Sinn; soller doch während seiner ganzen Regierungszeit für seine eigene bibliothek nur 1/2 fl. ausgegeben haben. Die Handschriften werden die fleißigen Mönche selbst gefertigt haben; welchen Inhalts sie waren, wird uns leider nicht mitgeteilt. Dagegen besitzt der Historische Verein dahier noch abschriftlich den Katalog, welchen Archivar Spieß im Auftrag der Erlanger Universitäts-Curatel im Jahre 1791 über die Druckwerke der Bücherei herstellte. Unter diesen befinden sich wertvolle Bibeldrucke: Eine Nürnberger Biblia sacra vom Jahre 1475; eine Ulmer Biblia aurea von 1476; zwei Augusburger deutsche Bibeln von 1518. Weiter die Decretales Gregorii von 1472 aus der Offiein des Peter Schäffer aus Gernsheim; die Decretales Gratiani von 1486;An patristischer Literatur, Werke von Hieronymus (Epistoae v. 1476. 1479. ) Chrysonstomus, Ambrosius, Augustinus, Basilius d. Gr.; an scholastischer Werke von Anselm, Bernhard, Bonaventura, Albertus Magnus (de mysterio Missae 1471), Gerson, Aeneas Sylvius (opp. 1486), Mirandula; an humanistischer, bezw. klassischer: Aristopteles1483), Cicero (de off. 1484), Horaz, Ovid (libri fastor. 1501), Vigril, Juvenal (Satyrae 1483), Terenz, Persius (Satarae 1482). Weiter noch Ioephus, de bello lud. 1470; Aurea bulla Car. IV. 1477.

   Der Erlanger Conrektor S.W. Oetter schrieb 1746 eine Dissertation mit dem verheißungsvollen Titel: de memorabilibus bibliotheacae monasterii S.. Iodoci, vulgo s: JOBST: nuncopati,

   (1) Das geweihte leinene Altartuch, worauf beim Meßopfer der Hostienteller und der Kelch stehen.

   (2) Mit einem religiösen Bildwerk gezierte Kußtäfelchen, die den Kommunikanten zum Kuß hingereicht wurden.

   (3)D. i. Wiegendrucke, die ersten Erzeugnisse der Buchdruckerkunst, meist vor 1500.

(1), die sich über die Biblia sacra und Decretales Greg. weitschweifend ergeht, im übrigen aber ohne Belang ist.

   Erfahren wir auch etwas über das Land und Treiben der Mönche in den 15 Jahren ihrer Tätigkeit auf dem allersdorfer Berge weiter nichts; in der Sammlung dieser schönen Bücherei haben sie für die Kultur einen wichtigen Dienst geleistet und sich selbst ein bleibendes denkmal gesetzt; denn die bibliothek ist heute noch vorhanden; sie bildet einen wertvollen Bestandteil der Erlanger Universitäts-Bibliothek.

   Als 1525 der Bauernkrieg in Franken ausbrach und bald darauf die reformation im Fürstentum Bayreuth Eingang fand, wurde das Kloster 1529 säkularisiert und im Folge dessen von den Mönchen verlassen. Die Väter von St. Jobst werden wohl in`s Mutterkloster nach Hof zurückgekehrt sein, das, wie oben erwähnt, noch bis 1546 bestand. Da wir eine Geschichte dieses Klosters nicht besitzen, wissen wir von den weiteren Schicsalen der Väter von St. Jobst nichts mehr, speziell nichts darüber, wie sie sich zur neuen Lehre haben.

   Die Kirchenkleinodien und Meßgewänder wurden der Kirche in Bayreuth zur Aufbewahrung übergeben. Die vasa sacra (2), von denen bei der Inventur nach Aufhebung des Klosters 1529 noch 4 silbern vergoldete Kelche mit Patenen vorhanden waren (3) (das Ãœbrige mögen die Mönche mit nach Hof genommen haben.), wurden 1530  einer markgräflichen anordnung gemäß auf die Plassenburg gebracht. Markgraf Georg der Fromme hatte nämlich in diesem Jahre die verordnung erlassen, daß œin diesen gefehrlichen und geschwindten läufften alle kirchenkleinododer des Fürstentums zu seiner verwahrung kommen sollten. In dem darüber gestellten Verzeichnis (4) finden sich 4 Kelche von St. Jobst, gewertet auf ca. 47 fl.. Tatsächlich jedoch wurden die Kirchenkleiodien auf der Plassenburg nicht verwahrt, sondern um die Schulden des verstorbenen Markgrafen Kasimir zu bezahlen, eingeschmolzen. (5)

   Die Güter des Klosters wurden größtenteils der Pfarrei Nemmersdorf einverleibt; doch nahm sie i. J. 1751  Markgraf Friedrich der Jüngere für die Herrschaft in Anspruch,

   (1) Im Besitz der Kgl. Kanzlei-Bibliothek, Ötter bezeichnet die Kloster-Bibliothek als œnon numerosum quidom, sed selscetam, codicibus membranaceis, Chartacaceis atque impressis rarissimis oxornatam refertam.

   (2) D. i. heilige Gefäße zum kirchlichen Gebrauch.

   (3) Inventarverzeichnis von 1529 im Kgl. Kreisarchiv Bamberg.

   (4) In Abschrift bei den Akten des Historischen Vereins dahier.

   (5) Hofmann a.a. O. Archiv für Oberfranken 1901 S. 61.

verkaufte sie und überließ dem Pfarrer nur die Lehensgefälle davon und die niedere Gerichtsbarkeit darüber. (1)

   Daß, wie Pfarrer Scholler in einer kurzen Beschreibung des Klosters St. Jobst (2) erwähnt, eine Glocke von da in die Kirche zu Nemmersdorf gekommen sei, stellt Hübsch entschieden in Abrede. Einen Teil der Fische aus dem Brandenburger Weiher, nämlich 26 Pfund jährlich, soll das Alumneum zu Bayreuth überwiesen erhalten haben (3).

   Die Kloster-Bibliothek wurde auf das Rathaus zu Bayreuth gebracht, wo sie bis 1794 stand. Bereits 1791 wandte sich der Senat der Universität Erlangen an die markgräfliche Regierung mit dem Ersuchen um Überlassung der Bibliothek unter dem Hinweis, daß der Stadtmagistret Bayreuth auf vorgängiger Anfrage sich zu deren Ablassung um so bereitwilliger gezeigt habe, als sie ihm ganz ohne Nutzen und wegen Mangels an Raum auf dem Rathause zur Last sei. Archivar Spießhabe von der Universitäts-Cuuuuratel den Auftrag erhalten, einen Katalog zu verfertigen, welchen derselbe auf eine ganz vorzügliche Art zu Stande gebracht habe. Die markgräfliche Regierung gab dem Senat eine zusagende Antwort; doch geriet die Sache ins Stocken, nachdem im Dezember dieses Jahres Markgraf Alexander die Regierung niedergelegt und die fränkischen Fürstentümer an die krone von Preußen abgetreten hatte. Erst 1794 wurde die Überführung in 13 Kästen, welche die Universität sandte, betätigt. Die neue preußische regierung erhielt erst zehn Jahre später gelegentlich Kenntnis davon, ließ sich Bericht erstatten, gab aber merkwürdiger Weise ihre nachträgliche Genehmigung, indem sie noch dem magistrat ihre Anerkennung aussprach für die durch Überlassung der bibliothek bekundete patriotische Gesinnung, die dem Magistrat zu Ehre gereiche. (4)

 das Klostergebäude blieb leer stehen. 1535 wurde schon der Antrag gestellt, daß das Zimmerholz im Kloster besichtigt und was davon brauchbar sei, zur bedachung des schadhaften Schlosses zu Bayreuth verwendet werden solle. Dem Antrag wurde jedoch nicht stattgegeben. Ebensowenig der Bitte des Stadtmagistrats Bayreuth von 1547, daß ihm zur erbauung einer neuen Orgel in der Stadtkirche die kostbaren Meßgewande vom Kloster St. Jobst, die noch vorhanden und dem Verderben nahe wären, geschenkt werden möchten; es wurde vielmehr verfügt, solche zum Besten der Armen zu verwenden.

   (1) Dürrschmidt, Beschreibung von Goldkronach, 1800. S. 75. Anm.

   (2) Manuskript im Historischen Verein.

   (3) Dürrschmidt, Pfarrbeschreibung von Goldkronach, Manuskript im Hist. Verein.

   (4) Irmischer, Geschichte der Universitäts-Bibliothek zu Erlangen, Erlangen 1829 S. 57 ff.

    Nicht lange darnach aber,  im Jahre 1553 wurde das Kloster im bundesständischen oder Albertinischen kriege, in welchem auch Bayreuth und die Orte der Umgebung in Flammen aufgingen, niedergebrannt. Merkwürdigerweise soll auch diesmal das Häuslein bei dem Kloster, das schon den Hussiten- und Bayernkrieg überdauert hatte, verschont geblieben sein. (1)

   Die dem Einsturz drohenden Klostermauern erbat sich 1595 der Wirt von Allersdorf zur Erbauung eines kellers. Das Ãœbrige wurde 1608 zur Errichtung einer neuen Kirchhofmauer in Nemmersdorf verwendet. Der Ort aber war so verehrt und gefürchtet, daß, als die zwei Pfarrer von Nemmersdorf, welche die Bausteine wegführen ließen, rasch nach einander starben, das Volk deren frühen Tod dieser angeblichen Profanierung zuschrieb. (2)

   Anfangs des 18. Jahrhunderts, wohl 1724, ließ Markgraf georg Wilhelm ein Jagdhaus an dieser Stelle errichten, dessen Aufsicht einen gewissen Hübsch, dem Bewohner jenes mehrerwähnten Häusleins übertragen wurde. (3) Das Jagdhaus scheint bald wieder eingegangen zu sein. Die letzten Reste davon sah noch Käppel auf seiner Sommerreise durch die fränkischen Fürstentümer 1793. (4) Er fand daselbst ein Stück Mauer, von einem Fenster durchbrochen, durch das sich dem Vorübergehenden ein schöner Prospekt in die Gegend bietet. Auch Scholler erwähnt in seinem um dieselbe Zeit geschriebenen Aufsatz diese Mauer und fügt hinzu: Neben diesem Stück Mauer sind einige Höhlen, welche aber meistens schon verfallen sind. Vor einer dieser Höhlen, soll sich nach der Sage der benachbarten Bewohner zu Mittag und zu Nacht um 12 Uhr ein schwarzer Hund sehen lassen, welcher der Hüter der noch darin  befindlichen Schätze ist. Überhaupt soll es in dieser Gegend zur  Nacht nicht richtig sein. Man wird daselbst irre geführt, man wird gedrückt, es lassen sich Schlotfeger sehen mit Besen in der Hand, von denen man geschlagen und verfolgt wird und dergleichen mehr; auch sagen die Besitzer von diesen feldern, man höre das Getreide wachsen.

   (1)Pültz a.a. O.

   (2) Will, das Teutsche Paradeiß in dem vortrefflichen Fichtelgebirge, 1692 Archiv für Oberfranken 1883.

   (3) Pültz, a.a. O.

   (4) Köppel, Briefe über die beiden Fürstentümer Bayreuth und Ansbach; auf einer Sommerreise geschrieben 1792/93 Band II. S. 55.

   Spätere Nachgrabungen haben das eine und andere interessante Stück zu Tage gefördert. 1823 grub der Besitzer des Grundstückes Wolfgang Feilner von Pöllersdorf nach Bausteinen. Er stieß auf ein Gewölbe, das mit einer Tür versehen war, und fand in demselben einen steinernen Wasserbehälter von 4 Fuß Länge. Derselbe wurde herausgehoben und nach Pöllersdorf geschaffen, wo er als Tränktrog diente.

   Erwähnung geschieht weiter eines ausgegrabenen runden Steines von 2m 4 Durchmesser und 13 Höhe, den die Kreisdirektorsgattin Freifrau von Reitzenstein vor der Tür ihres Schlosses zu Nemmersdorf aufstellen ließ. (1) Man hielt ihn für den Sockel einer Kirchensäule, besser eines wandpfeilers. Sein barockes Profil läßt jedoch einen Überrest jenes markgräflichen Jagdschlosses in ihm vermuten. Dagegen sind die 8 Gewölbe-Bruchstücke, welche 1856 unter fachmännischer Leitung ausgegraben wurden und heute noch in der Nemmersdorfer Kirche liegen, an ihren gotischen Formen zweifellos als Überbleibsel des alten Bauwerks zu erkennen. Noch wird gesagt, vom Keller des alten Nemmersdorfer Pfarrhaus aus laufe ein unterirdischer Gang 12 Schritte weit; dieser Gang habe einstmals zum ehemaligen Kloster St. Jobst geführt. (2)

   In enger Beziehung zum Kloster steht ohne Zweifel der Kreuzstein dreiviertel Stunden östlich von der Klosterstätte auf der Höhe des Fahrwegs von Untersteinach nach Nemmersdorf, da wo der Weg nach St. Jobst abzweigt.

   Ãœber die Bedeutung der Kreuzsteine zunächst einige allgemeine Bemerkungen. Das Alter derselben ist meist sehr beträchtlich; darauf deutet schon ihre rohe Form sowie die Spuren der vorgeschrittenen Verwitterung, die sie an sich tragen. Die Sitte, steinerne Kreuze zu errichten, ist in Mitteldeutschland zur Zeit oder kurz nach Einführung des Christentums entstanden und hat sich bis in`s 16. Jahrhundert  erhalten. Die späteste urkundlich bewiesene Nachricht über die Errichtung eines Kreuzsteins stammt aus 1596. Demnach sind diese Steine um ein beträchtliches Alter als sich das Volk mit seinen möglichen und unmöglichen Deutungen derselben nur träumen läßt. Zu diesen Deutungen gehören vor allem die unzähligen Mordsagen; fast jeder  dieser Steine wird mit irgend einer mehr oder minder blutigen Begebenheit in Verbindung gebracht. Mit diesen Sagen kommt ja das Volk dem wahren Sachverhalt ziemlich nahe; aber es fehlt viel, daß man all die angeblichen Mordgeschehen, die mit Vorliebe in die Schwedenzeit (dreißigjähriger krieg) oder gar in die Franzosenzeit verlegt werden, auf`s Wort glauben dürfte; die meisten tragen den Stempel freier Erfindung an der Stirne.

   (1) Nach einem Manuskript im Historischen Verein.

   (2) W. Vogel, Kurze Nachricht aus Oberfranken, Manuskript 1859. Bd. IV. S. 96 ss, (im Hit. Verein

   Es gilt ja in der Tat als ausgemacht, daß eine große Menge dieser Kreuze zur Sühne für einen Mord oder Todschlag gesetzt worden sind. Im Mittelalter wurden Mörder von Gerichswegen häufig verpflichtet, neben Bezahlung einer Geldbuse und Bestellung einer größeren Zahl von Seelmessen, denen sie selbst, eine Wachskerze in der Hand, beizuwohnen hatten, auch an einer von der Familie des erschlagenen zu bezeichnender Stelle (1)  Gerne wählte man dazu verkehrsreiche Straßen, Wegescheider, Brücken u. dergl. Die kreuze waren hauptsächlich dazu bestimmt, die Vorübergehenden zu einem Gebet für die arme Seele des Erschlagenen aufzufordern, der hier durch einen schnellen bösen Tod in die Ewigkeit abgerufen wurde.

   Auch der am Nemmersdorfer Weg befindliche Kreuzstein soll nach Meinung des Volkes ein solches Sühnekreuz darstellen. Wer da erschlagen worden, weiß die tradition natürlich nicht mehr anzugeben;doch setzt man die Zeit der Untat kaum über 2-3 Generationen hinauf. Nun ist aber völlig ausgeschlossen, daß noch in so später Zeit Kreuzsteine errichtet worden wären. In Protestantischen Gegenden zumal  hörte die Sitte, Kreuzsteine zu setzen, mit der Einführung der Reformation überhaupt auf. Wir können also mit dieser Tratttdition nichts anfangen.

   Andere Kreuzsteine haben die Bedeutung von Grenzzeichen. Sie befinden sich in der Regel in größerer Zahl um das Weichbild einer Gemeinde her, das sie einschließen. Weichbild ist soviel als geweihtes Bild, eine Bildsäule, ein Bildstock. Eigentliche Bildstöcke, sei`s von Stein oder Holz, kommen jedoch erst seit Beginn des 14. Jahrhunderts vor, aus früherer Zeit wird nur von Kreuzen berichtet, worunter steinerne Kreuze zu verstehen sind. Hatte man schon früher bei Christianisierung einer Gegend durch Errichtung von Kreuzen andeuten wollen, daß das betreffende Gebiet für die Religion des Kreuzes gewonnen worden sei, so bleibt das Kreuzeszeichen auch für die Folge eine Form, um damit die Grenze, sei es für kirchliche Gebiete, Bistümer, Abteien, Klöster zu bezeichnen, sei es auch für weltlichestehende

   (1) S. Unser Egerland. Zeitschrift des Vereins für Egerländer Volkskunde 4. Jahrgang, Eger 1900. S. 50.

   Bezirke, Grafschaften, Markungen von Städten und Dörfern. Jedes Frühjahr zogen Bewohner des Ortes in feierlicher Prozession bis zu den Weichbildern, um von da aus Fluren zu weihen, damit sie reichliche Frucht brächten und vor Hagelschlag und andere Schäden bewahrt blieben. So heute noch teilweise im Egerlande. (1)

   Unsern Nemmersdorfer Kreuzstein etwa als derartigen Grenzstein in Anspruch zu nehmen, geht jedoch nicht an; denn erstlich steht er in weitem Umkreis ganz  vereinzelt da, während man zur Grenzmarkung des Klosterbestizes doch mehrere solche Kreuze erwarten dürfte; andererseits reichte der Kirchenbesitz gar nicht so weit.

   Während nun von den noch vorhandenen Kreuzsteinen die weit überwiegende Zahl tatsächlich entweder Sühne- oder Grenzkreuze darstellen, gibt es, wie  mit Sicherheit anzunehmen ist, noch eine dritte Gruppe von Steinkreuzen, die sog. Andachts- und Wallfahrtskreuze, und unter diese  läßt sich der Nemmersdorfer Stein am füglichsten einreihen.  In einem Aufsatz Unser Vogtland 1895 mit der Überschrift:  Was bedeuten die sog. Schwedensteine? erzählt der Verfasser R. Alberti, daß er auf einer Fußwanderung in der Gegend von Jena an dem Kreuzungspunkte zweier Flur-Grenzwege drei solcher Steine fand, die ihm als Wallfahrtssteine bezeichnet wurden, d. h. als Merk- und Wahrzeichen der Stellen, an welchen sich in alter Zeit die Bewohner der umliegenden Ortschaften zu geordneten Prozessionen sammelten, um hierauf nach dem benachbarten Kloster St. Magdalena zu ziehen, einem alten Wallfahrtsort. (1)

   Die Voraussetzungen, unsern Stein als derartiges Wallfahrtskreuz zu betrachten, sind vollauf gegeben St. Jobst war seit alter Zeit ein beliebter Wallfahrtsort; der Stein befindet sich an einem Kreuzweg und zwar auf der Höhe des Sattels, der zwei volkreiche Täler voneinander scheidet. Es mögen sich da wohl die  Bewohner des Weidenberger Landes mit denen des Nemmersdorfer und Goldkronacher zu einer gemeinschaftlichen Prozession nach St. Jobst versammelt haben. Ein ähnlicher Stein steht auf der Höhe der Himmelkron-Trebgaster Straße, und zwar neben der Marter. Bezeichnet diese die Endstation bei den einstigen Bittgängen der adeligen Klosterfrauen von Himmelkron, so dürfte der danebenstehende sicherlich ältere Kreuzstein als Mal zur Sammlung der Wallfahrer gedient haben.

  (1 K. Alberti, Über die Bedeutung der Kreuzsteine, inbesondere des Ascher Bezirks. Asch 1897 S. 31.

   (2) K.Alberti, a.a,O. S. 38

   Der Nemmerdorfer Stein, der ehedem in Form eines Griechischen Kreuzes mit gleichlangen Armen (die ältere Form) aus dem Erdboden sich erhob, wird gegenwärtig neben dem Kreuzwege liegend gefunden. Das Volk erzählt, der Stein habe ursprünglich einige Furchen weit einwärts im Acker gestanden; vor etlicher Zeit habe der Besitzer des Grundstücks den Stein, der ihm hinderlich war, aus dem Acker entfernt, sei aber bald darauf gestorben. Von jeher haben die steinernen Kreuze eine gewisse Scheu erweckt, welche noch dadurch erhäht wurde, daß sie an Kreuzwegen stehen, an denen es ja ohnehin ânicht richtig ist. Unter dieser Scheu ist es vornämlich zu verdanken, daß sie so viele Jahrhunderte überdauern konnten.

   Über die einst dem heiligen Jobst geweihte Stätte geht jetzt der Pflug. Doch ist dieselbe an einer  ausgedehnten, länglich viereckigen Erhöhung des Bodens, der in Folge des eingepflügten Kalkschuttes eine hellere farbe als das umliegende Erdreich aufweist, noch deutlich zu erkennen. Auch wird heute noch eine Wiesenfläche, welche sich von diesem Felde bis zu einem nordwestlich gelegenen Wäldchen hinzieht, der ”Klostergarten” genannt

 

Hier würde es sich anbieten, über das Schicksal des Klosters und der Wallfahrtskapelle bis zum heutigem Jahr 2011 zu berichten

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